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Kanzlei-Nachrichten November 2019

01.11.2019

Rechtzeitig vor dem Ende der Frist, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat, haben Bund und Länder eine Reform der Grundsteuer in die Wege geleitet. Ab 2025 gelten die neuen Regelungen, auch wenn einzelne Bundesländer abwei-chende Grundsteuerkonzepte umsetzen wollen. Mit dem Jahressteuergesetz 2019 ist daneben noch ein weiteres großes Steueränderungsgesetz in trockenen Tüchern und kann in Kraft treten. 

Reform der Grundsteuer ab 2025

Bund und Länder haben sich auf eine Reform der Grundsteuer geeinigt, die den Ländern eigene Sonderregelungen ermöglicht und 2025 voll in Kraft treten soll.

Im Frühjahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer in ihrer aktuellen Form als verfassungswidrig eingestuft und eine verfassungskonforme Neuregelung verlangt. Fast ein Jahr lang haben Bund und Länder darum gestritten, wie die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Grundsteuerreform genau aussehen soll. Der Politik drohte dabei, die Zeit davon zu laufen, denn das Verfassungsgericht hatte für das Gesetzgebungsverfahren zur Grundsteuerreform eine Frist bis Ende 2019 gesetzt. Der Bundesfinanzminister hat seinen Vorschlag trotz aller Anstrengungen nicht durchsetzen können, weil sich vor allem Bayern mit Zähnen und Klauen gegen dessen Berechnungsansatz gewehrt hat.

Eine Einigung hat es am Ende trotzdem gegeben: Mit einer Änderung des Grundgesetzes wurde den Ländern die Möglichkeit gegeben, eigene Regeln für die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer festzulegen. Entstehen einem Bundesland durch eine abweichende Regelung aber Steuermindereinnahmen, dürfen diese nicht im Länderfinanzausgleich berücksichtigt werden. Bayern will von der Möglichkeit einer Sonderregelung Gebrauch machen und die Größe des Grundstücks als entscheidenden Faktor für die Bemessung der Grundsteuer festlegen. Auch Sachsen hat bereits angekündigt, einen eigenen Weg gehen zu wollen.

Ab 2025 erheben die Kommunen die Grundsteuer dann nach den neuen Regeln – sei es nach dem Bundesmodell oder den abweichenden Regelungen im jeweiligen Bundesland. Die lange Vorlaufzeit ist notwendig, weil die Finanzämter Jahre brauchen, um für die rund 35 Millionen Immobilien in Deutschland alle notwendigen Daten für das neue Berechnungsmodell zusammenzutragen. Deswegen werden die Finanzämter viele Immobilienbesitzer und Käufer schon deutlich vor 2025 zur Abgabe einer Feststellungserklärung für die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer auffordern.

Hinsichtlich der neuen Grundsteuerregelungen wurden im Vorfeld viele Vorschläge diskutiert, die unter Namen wie „Bodensteuer“, „Äquivalenzmodell“ oder „Kostenwertmodell“ ins Rennen gingen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre also die ideale Gelegenheit gewesen, die Grundsteuer einfacher zu gestalten, den Verwaltungsaufwand zu minimieren und die finanzielle Belastung für die Bewohner vor allem in Großstädten mit besonders hohen Mieten zu reduzieren.

Die Regelungen, die jetzt im Gesetz stehen, erreichen jedoch keines dieser Ziele wirklich, weshalb zumindest die Steuerzahler in einzelnen Bundesländern noch auf eine Besserung der Lage durch einfachere Regelungen rechnen können. Für die große Mehrzahl der Bürger wird aber aller Voraussicht nach das Bundesmodell zur Anwendung kommen, dessen wesentliche Elemente so aussehen:

·     Wohnimmobilien: Das statistische Bundesamt ermittelt alle vier Jahre unter anderem Daten zur Wohnsituation der Bürger. Für jedes Bundesland werden daraus Durchschnittsmieten für verschiedene Gebäudetypen (Ein-/Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen) und Baujahreszeiträume abgeleitet. Bei Wohngrundstücken wird zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage an diese durchschnittlichen Nettokaltmieten angeknüpft. Die ursprünglich geplante Ermäßigung bei einer tatsächlichen Miete bis zu 30 % unter der Durchschnittsmiete ist nicht im endgültigen Gesetz enthalten. Stattdessen wird die Durchschnittsmiete in Abhängigkeit von der Mietniveaustufe nach dem Wohngeldgesetz, der die jeweilige Gemeinde zugeordnet ist, vermindert oder erhöht. Die Spannbreite reicht hier von einer Reduzierung der Durchschnittsmiete um 22,5 % für die Mietstufe 1 bis zu einer Erhöhung um 32,5 % in der Mietstufe 6. Die unterschiedlichen Miethöhen in verschiedenen Wohnlagen innerhalb einer Gemeinde bleiben aber unberücksichtigt. Der so ermittelte Rohertrag wird um nicht umlagefähige Betriebskosten reduziert, für die das Gesetz typisierte Prozentsätze vorsieht, die vom Gebäudetyp und dem Baujahr abhängen. Für öffentlich geförderten Wohnraum gibt es außerdem eine Ermäßigung der Steuermesszahl um 25 %. Der Bewertungsansatz mit diesem „vereinfachten Ertragswertverfahren“ anhand der Durchschnittsmiete gilt für alle Wohnimmobilien, also sowohl für vermieteten Wohnraum als auch für selbst genutzte Immobilien.

·     Bodenrichtwerte: Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund- und Boden sowohl unbebauter Grundstücke als auch des Bodenwertanteils bebauter Grundstücke sind die Bodenrichtwerte. Als unbebaut gelten Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Finanzverwaltung kann ergänzende Vorgaben zur Bestimmung der Größe der Bodenrichtwertzonen machen. Die Gutachterausschüsse können Bodenrichtwertzonen zu noch größeren Zonen (Lagen) zusammenfassen.

·     Gewerbeimmobilien: Anders als bei Wohngrundstücken werden für vermietete Geschäftsgrundstücke keine statistischen Daten erhoben, die für die Bewertung genutzt werden könnten. Daher kommt bei der Bewertung von Gewerbeimmobilien ein vereinfachtes Sachwertverfahren zur Anwendung. Dieses Verfahren berücksichtigt bei der Wertermittlung insbesondere die typischen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert. Statt bisher 30 Angaben sind dann aber nur noch 8 Angaben erforderlich. Auch bei gemischt genutzten Grundstücken, die teils geschäftlich und teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden, kommt das vereinfachte Sachwertverfahren zur Anwendung.

·     Land- und Forstwirtschaft: Bei der Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz (Grundsteuer A) bleibt es bei dem bisher praktizierten Verfahren. Diese Flächen wurden bereits in der Vergangenheit nach dem typisierten Ertragswert bewertet, der stets einen realitätsgerechten Wert aufweist. Das Verfahren wird nun weiter vereinfacht. Auf der anderen Seite unterliegen land- und forstwirtschaftliche Wohngebäude künftig nicht mehr nur in Ostdeutschland, sondern bundeseinheitlich der Grundsteuerregelung für Wohnimmobilien.

·     Baulandmobilisierung: Die Kommunen erhalten künftig die Möglichkeit, auf baureife, unbebaute Grundstücke einen eigenen Hebesatz (Grundsteuer C) zu erheben. In Kommunen, die von dieser Option Gebrauch machen, wird für solche Grundstücke somit künftig erheblich mehr Grundsteuer zu zahlen sein als bisher. Damit können die Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen einen Anreiz für den Bau neuer Wohnungen schaffen und Bodenspekulationen entgegenwirken. Hat sich eine Gemeinde für die Erhebung der Grundsteuer C entschieden, muss der Hebesatz für alle baureifen Grundstücke in der Gemeinde einheitlich und höher als der reguläre Hebesatz für die übrigen Grundstücke in der Gemeinde sein. Eine unterschiedliche Behandlung bestimmter baureifer Grundstücke innerhalb einer Gemeinde ist also ausgeschlossen.

·     Steuermesszahl: Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer wird der nach den unterschiedlichen Verfahren ermittelte Wert mit der Grundsteuermesszahl multipliziert. Bisher beträgt diese Steuermesszahl 0,35 %. Um aber einen drastischen Anstieg der Grundsteuer zu verhindern, werden die neuen, nun im Vergleich zu bisher deutlich höheren Grundstückswerte in einem zweiten Schritt durch die radikale Absenkung der Steuermesszahl korrigiert. Aktuell ist im Gesetz mit 0,34 ‰ eine Messzahl vorgesehen, die weniger als ein Zehntel des alten Wertes beträgt. Das Bundesfinanzministerium will in ein paar Jahren, wenn mehr Daten zur Neubewertung der Immobilien vorliegen, noch vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuerfestsetzungen überprüfen, ob hier noch weiterer Anpassungsbedarf besteht. ³

Jahressteuergesetz 2019 auf der Zielgeraden

Das inoffizielle Jahressteuergesetz 2019 ist nach dem Bundestag auch vom Bundesrat verabschiedet worden.

Schon seit der ersten, im Frühjahr veröffentlichten Entwurfsfassung wird das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ als inoffizielles Jahressteuergesetz 2019 gehandelt, denn es bündelt zahlreiche Änderungen im Steuerrecht, von denen die meisten ab 2020 in Kraft treten werden. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz im November verabschiedet, sodass es nun wie vorgesehen in Kraft treten kann.

Normalerweise haben solche inoffiziellen Jahressteuergesetze die Eigenschaft, im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens deutlich an Umfang zuzulegen - die verabschiedete Fassung kann leicht doppelt so viele Änderungen enthalten wie der erste Entwurf. In dieser Hinsicht ist das Jahressteuergesetz 2019 aus der Art geschlagen, denn es hat im Vergleich zu den frühen Entwürfen einige Änderungen eingebüßt und gleichzeitig nur wenige Ergänzungen erhalten.

Dass das Gesetz nun „abgespeckt“ hat, ist zwei Umständen geschuldet: Einerseits bringt das Jahresende einen regelrechten Marathon an Steueränderungsgesetzen mit sich, denn im Herbst haben Bundestag und Bundesrat nicht weniger als sieben eigenständige Steueränderungsgesetze verabschiedet. Kleinere Änderungen, die sonst Teil des Jahressteuergesetzes 2019 geworden wären, sind zum Teil in den anderen Gesetzen untergekommen, und größere Änderungen haben einfach ihr eigenes Änderungsgesetz bekommen, beispielsweise die steuerlichen Maßnahmen im Rahmen des Klimapakets der Großen Koalition.

Auf der anderen Seite gibt es Änderungen, die ursprünglich im Gesetz enthalten waren, bei denen die Politik jetzt aber noch weiteren Beratungsbedarf sieht. Daher blieb nichts anderes übrig als diese Änderungen wieder aus dem Gesetz herauszunehmen, damit das Jahressteuergesetz 2019 noch rechtzeitig vor dem Jahreswechsel verabschiedet werden konnte. Im Vergleich zum Entwurf, den wir im Sommer vorgestellt haben, sind nun insbesondere folgende neuen Änderungen hinzugekommen:

·     Elektro-Dienstwagen: Die Halbierung der Dienstwagenbesteuerung für Dienstwagen mit Elektro- oder Hybridantrieb wird nun nicht nur verlängert, sondern auch ausgeweitet. Für zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Dezember 2030 angeschaffte Dienstwagen, die keine CO2-Emissionen haben und deren Bruttolistenpreis unter 40.000 Euro liegt, wird die Besteuerung nun sogar auf ein Viertel statt nur die Hälfte reduziert.

·     Elektro-Fahrzeuge: Im Gesetzentwurf war nur eine Sonderabschreibung für Elektrolieferfahrzeuge vorgesehen. Diese Sonderabschreibung gilt nun für alle Elektro-Nutzfahrzeuge sowie für elektrisch betriebene Lastenfahrräder.

·     Fahrräder: Neben einer Verlängerung der Steuerbefreiung für die Privatnutzung eines Dienstfahrrads gibt es nun auch die Möglichkeit zur Pauschalierung der Lohnsteuer auf die unentgeltliche oder verbilligte Übereignung eines betrieblichen Fahrrads durch den Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn.

·     Lohnsteuer-Anmeldung: Ab 2022 muss die einzubehaltende und zu übernehmende Lohnsteuer in der Lohnsteuer-Anmeldung getrennt nach den Kalenderjahren, in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angegeben werden.

·     Tierhaltung: Es wird geregelt, wann Einkünfte aus landwirtschaftlicher Tierzucht oder Tierhaltung zu den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften gehören, wenn sie von Genossenschaften, Gesellschaften oder von Vereinen erzielt werden.

·     E-Medien: Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf E-Books und andere digitale Medien gilt nun auch für Zugänge zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften enthalten. Der reduzierte Steuersatz gilt ab dem 18. Dezember 2019.

·     Menstruationsprodukte: Auch für „Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene“ gilt ab dem 18. Dezember 2019 der ermäßigte Umsatzsteuersatz.

·     Kapitalerträge: Arbeitnehmer, die Kapitalerträge erhalten haben, ohne dass dabei ein Steuerabzug erfolgt ist (Abgeltung­steuer), müssen jetzt zwingend eine Steuererklärung abgeben. Eine Bagatellgrenze gibt es dabei nicht.

·     Sachbezüge: Für Sachbezüge war im ersten Entwurf eine Verschärfung vorgesehen, die zwischendurch aus dem Gesetz gestrichen wurde, in der endgültigen Version aber wieder enthalten ist. Ab 2020 sind deshalb zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge.

In der endgültigen Fassung des Jahressteuergesetzes 2019 gestrichen oder entgegen früherer Pläne nicht aufgenommen wurden folgende Änderungen:

·     Share-Deals: Ein wesentlicher Teil des ersten Entwurfs waren Änderungen bei der Grunderwerbsteuer, mit denen Share-Deals eingedämmt werden sollten. Weil die Regierungskoalition hier noch Beratungsbedarf hat, soll diese Änderung nun Anfang 2020 ihr eigenes Gesetzgebungsverfahren bekommen.

·     Alternative Wohnformen: Im Entwurf war eine Steuerbefreiung für Sachleistungen im Rahmen alternativer Wohnformen enthalten. Diese Änderung wurde in der finalen Version gestrichen.

·     Ehrenamt: Auch die von den Ländern vorgeschlagenen Erleichterungen und Verbesserungen im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht sind nicht in das Gesetz aufgenommen worden. Der Bundesrat will aber an dem Plan festhalten, sodass diese Änderungen möglicherweise in ein späteres Gesetz einfließen. ³

Falls diese Informationen Ihr Interesse gefunden haben und Sie noch Fragen oder Interesse an einer Beratung haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie dann einen Termin oder wenden Sie sich per Fax an uns.

Mit freundlichen Grüßen