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Kanzlei-Nachrichten Mai 2019

01.05.2019

Steuer- und Arbeitsrecht machen das Leben von Arbeitgebern und Arbeitnehmern immer bürokratischer. Ganz aktuell ist ein Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof die Einführung einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht für sämtliche Arbeitszeiten verlangt. Schon länger ein Thema sind dagegen die A1-Bescheinigungen für Entsendungen und Dienstrei-sen ins Ausland. Und von Arbeitnehmern, die dem Arbeitgeber ihr Arbeitszimmer vermieten, fordert das Finanzamt künftig eine Überschussprognose.

Die Finanzverwaltung hat geregelt, wie die Vermietung des Home-Office an den Arbeitgeber steuerlich zu behandeln ist.

Angesichts neuer Urteile des Bundesfinanzhofs zur Vermietung eines Arbeitszimmers oder Home-Office an den Arbeitgeber hat das Bundesfinanzministerium seine Verwaltungsanweisung zur steuerlichen Bewertung solcher Mietverträge aktualisiert. Es geht dabei um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Miete als Arbeitslohn oder als Einkommen aus Vermietung und Verpachtung gilt und welche steuerlichen Folgen sich daraus ergeben.

Sind die Zahlungen des Arbeitgebers steuerpflichtiger Arbeitslohn, hat das nicht nur Folgen bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Solange Einnahmen aus dem vermieteten Arbeitszimmer keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind, greift für die damit verbundenen Werbungskosten auch die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer.

·     Zuordnung: Zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören neben dem Barlohn auch andere Bezüge und Vorteile, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bezüge und Vorteile aufgrund einer anderen Rechtsbeziehung – beispielsweise einem Mietverhältnis – gewährt, die neben dem Arbeitsverhältnis besteht.

·     Arbeitslohn: Dient das Arbeitszimmer oder eine Wohnung, die als Home-Office genutzt wird, in erster Linie dem Interesse des Arbeitnehmers, ist davon auszugehen, dass die Mietzahlungen des Arbeitgebers als Gegenleistung für die Arbeitskraft des Arbeitnehmers erfolgen. Die Einnahmen sind dann als Arbeitslohn zu beurteilen, und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung liegen nicht vor.

·     Mieteinkünfte: Eine Rechtsbeziehung neben dem Arbeitsverhältnis, die für die Qualifizierung der Leistungen des Arbeitgebers als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erforderlich ist, setzt voraus, dass das Home-Office vorrangig im betrieblichen Interesse des Arbeitsgebers genutzt wird und dieses Interesse über die Entlohnung des Arbeitnehmers sowie über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinausgeht. Die Ausgestaltung der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als auch die tatsächliche Nutzung des angemieteten Arbeitszimmers müssen maßgeblich und objektiv nachvollziehbar von den Bedürfnissen des Arbeitgebers geprägt sein.

·     Arbeitsplatz: Ein für den Arbeitslohncharakter der Arbeitgeberleistungen sprechendes gewichtiges Indiz liegt vor, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des Home-Office vom Arbeitgeber lediglich gestattet oder geduldet wird. In diesem Fall ist grundsätzlich von einem vorrangigen Interesse des Arbeitnehmers an der Nutzung auszugehen. Zur Widerlegung dieser Annahme muss der Arbeitnehmer ein vorrangiges Interesse seines Arbeitgebers am zusätzlichen Arbeitsplatz nachweisen, hinter dem das Interesse des Arbeitnehmers zurücktritt. Ein etwa gleichwertiges Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer reicht nicht aus.

Die Finanzverwaltung nennt verschiedene Anhaltspunkte, die für ein betriebliches Interesse des Arbeitgebers sprechen. Allerdings muss der Arbeitnehmer auch bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Anhaltspunkte das vorrangige betriebliche Interesse seines Arbeitgebers nachweisen, ansonsten sind die Leistungen als Arbeitslohn zu beurteilen. Für ein betriebliches Interesse sprechen insbesondere folgende Punkte:

·     Für den Arbeitnehmer ist im Unternehmen kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden, und die Versuche des Arbeitgebers, Räume von fremden Dritten anzumieten, sind erfolglos geblieben.

·     Der Arbeitgeber hat für andere Arbeitnehmer, die über keine für ein Arbeitszimmer geeignete Wohnung verfügen, entsprechende Miet- oder Nutzungsverträge mit fremden Dritten begründet, die nicht bei ihm angestellt sind.

·     Es wurde eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung der überlassenen Räumlichkeiten abgeschlossen.

Für das Vorliegen eines betrieblichen Interesses kommt es dagegen nicht darauf an, ob ein entsprechendes Nutzungsverhältnis zu gleichen Bedingungen auch mit einem fremden Dritten hätte begründet werden können. Insbesondere spielt es keine Rolle, wenn die vereinbarte Miete die Höhe der ortsüblichen Marktmiete unterschreitet, denn das geforderte betriebliche Interesse an der Nutzung der Räume wird durch eine für den Arbeitgeber vorteilhafte Gestaltung grundsätzlich nicht in Frage gestellt.

Neu an den Vorgaben der Finanzverwaltung ist vor allem eine Regel zur Qualifizierung des Mietverhältnisses. Während das Finanzamt nämlich bei der Vermietung von Wohnraum nämlich typisierend immer von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgeht, solange die ortsübliche Miete nicht deutlich unterschritten wird, gibt es bei Gewerbeimmobilien keine solche typisierende Annahme.

Das ist deshalb von Bedeutung, weil das Finanzamt die zweckentfremdete Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke (Arbeitszimmer oder als Home-Office genutzte Wohnung) grundsätzlich als gewerbliches Mietverhältnis wertet. Für das Mietverhältnis muss der Arbeitnehmer daher die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine objektbezogene Überschussprognose nachweisen.

Ist das vorrangige betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Vermietung nachgewiesen, mangelt es aber durch eine negative Überschussprognose an der Einkünfteerzielungsabsicht, dann ist die Vermietung des Home-Office an den Arbeitgeber ein steuerlich unbeachtlicher Vorgang auf der privaten Vermögensebene. Die Mietzahlungen sind dann zwar steuerfrei, im Gegenzug können aber auch keine Werbungskosten geltend gemacht werden.

Die neuen Vorgaben sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Allerdings enthält das Schreiben des Ministeriums hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht eine Übergangsregelung:  Für vor dem 1. Januar 2019 abgeschlossene Mietverträge wird es nicht beanstandet, wenn die Betroffenen weiterhin generell von einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgehen. ³

A1-Bescheinigungen für die Entsendung eines Arbeitnehmers müssen seit diesem Jahr elektronisch beantragt werden. In einigen Ländern gibt es zur Bescheinigung verstärkt Kontrollen.

Möchte ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer für eine befristete Tätigkeit ins Ausland entsenden, kann das zu einer doppelten Sozialversicherungspflicht führen: Die Arbeitnehmer sind weiterhin in Deutschland beitragspflichtig, und zusätzlich gilt das Recht des Tätigkeitsstaats mitsamt den dortigen Sozialversicherungspflichten.

Um dieses Problem zu vermeiden, kann der Arbeitgeber für eine Entsendung in einen EU/EWR-Staat oder in die Schweiz beim zuständigen Sozialversicherungsträger (meist die Krankenkasse) eine Entsendebescheinigung, die sogenannte A1-Bescheinigung beantragen. Mit dieser Bescheinigung gilt auch für eine Tätigkeit im Ausland bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen allein das deutsche Recht. Das muss der Arbeitnehmer jedoch bei einer Kontrolle im Ausland durch Vorlage der A1-Bescheinigung nachweisen.

Weil es in den letzten Monaten mehrfach Berichte über verstärkte Kontrollen im Ausland gab, ist es wichtiger denn je, dass Arbeitnehmer die Bescheinigung bei allen Auslandstätigkeiten dabei haben. Ohne gültige A1-Bescheinigung kann die Tätigkeit im Ausland nämlich als Schwarzarbeit gewertet werden, was Bußgelder und weitere Sanktionen zur Folge haben kann. Mithin kann auch ein ausländischer Auftraggeber den Zugang zu seinem Firmengelände verweigern, wenn die A1-Bescheinigung nicht vorliegt.

Vor allem aus Österreich und Frankreich gibt es Berichte über verstärkte Prüfungen, auch an Flughäfen und in von Geschäftsreisenden frequentierten Hotels. Beide Länder kommen den Arbeitgebern aber mit einem Kompromiss zumindest ein Stück entgegen: Kann der Arbeitnehmer bei der Kontrolle keine A1-Bescheinigung vorlegen, weil diese nicht mehr rechtzeitig beschafft werden konnte, verzichten die örtlichen Behörden auf eine Geldstrafe, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass die A1-Bescheinigung bereits vor Beginn der Dienstreise beantragt wurde.

Zum Bürokratiemonster wird die A1-Bescheinigung aber vor allem dadurch, dass die EU-Verordnung keine zeitliche Toleranzgrenze für die Notwendigkeit einer A1-Bescheinigung vorsieht. Eine Bescheinigung ist damit für eine mehrwöchige Tätigkeit genauso erforderlich wie für eine eintägige Schulung oder Konferenz im Ausland. Selbst ein halbstündiges Meeting oder eine kurze Fahrt über die Grenze zum Tanken des Firmenwagens ist eine grenzüberschreitende Tätigkeit, für die die A1-Bescheinigung notwendig ist.

Sowohl bei kurzfristigen als auch bei kurzzeitigen Dienstreisen ins Ausland haben viele Arbeitgeber in der Vergangenheit keine Bescheinigung beantragt. Neben dem bürokratischen Aufwand für den Antrag reicht manchmal nämlich schlicht die Zeit nicht aus, um die Erteilung der A1-Bescheinigung durch die Krankenkasse abzuwarten. Das Risiko bei dieser Unterlassung sind die bereits erwähnten Sanktionen für Schwarzarbeit im Fall einer Kontrolle.

Immerhin eine teilweise Verbesserung hat sich seit 2018 ergeben – zumindest für Arbeitgeber mit der notwendigen technischen Ausstattung: Seit dem 1. Januar 2018 können die Bescheinigungen nämlich auch elektronisch bei der Krankenkasse beantragt werden. Diese Option ist nun seit dem 1. Januar 2019 zur Pflicht geworden. Zwar haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung eine Übergangsregelung geschaffen, nach der Arbeitgeber in begründeten Einzelfällen den Antrag weiter in Papierform stellen können. Diese Ausnahmeregelung läuft jedoch am 30. Juni 2019 aus.

Ob die Umstellung auf ein elektronisches Verfahren für die Sozialversicherungsträger eine Erleichterung bringt, ist ebenfalls nicht sicher. Seit dem 1. Januar 2019 haben die Krankenkassen nämlich mit einem erheblichen Anstieg der gestellten Anträge zu kämpfen. Im Vergleich zu früheren Jahren haben sich die Antragszahlen nach Berichten mehr als verzehnfacht. Besonders wenn die Krankenkasse keine vollautomatische Bearbeitung der Anträge durchführt, kann damit auch die schiere Zahl der Anträge zu einer verzögerten Bearbeitung und Erteilung der Bescheinigung führen.

Im März und April haben einige Arbeitgeber bereits erleichtert aufgeatmet, weil es Berichte gab, dass die EU die Notwendigkeit für die A1-Bescheinigung wieder abschaffen will. Diese Meldungen waren aber gleich doppelt irreführend. Zwar hat die Europäische Kommission im März eine Einigung über neue Regeln zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme in der EU vermeldet, zu der auch Änderungen bei der A1-Bescheinigung gehören. Allerdings hat der Europäische Rat diesem Kompromiss nur wenige Tage später die Zustimmung zumindest vorerst verweigert.

Selbst wenn die EU ihre neuen Regeln doch noch in dieser oder einer leicht veränderten Fassung absegnen sollte, bedeuten die Änderungen keine generelle Abschaffung der Notwendigkeit für eine A1-Bescheinigung. Vorgesehen ist nämlich lediglich eine neue Begriffsdefinition für Dienstreisen, und nur für diese soll die Pflicht zur A1-Bescheinigung abgeschafft werden.

Eine Dienstreise liegt laut der geplanten Änderung dann vor, wenn die vom Arbeitnehmer im Ausland ausgeübte Tätigkeit nicht der Erbringung einer Dienstleistung oder der Lieferung von Gütern dient. Damit wären insbesondere Messebesuche, Meetings und Fortbildungsveranstaltungen im Ausland künftig von der Bescheinigungspflicht befreit. Bei anderen Formen der Arbeitnehmerentsendung ist aber auch künftig eine A1-Bescheinigung notwendig.

Wie es mit der A1-Bescheinigung auf EU-Ebene genau weitergeht, ist weiterhin offen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben im Februar 2019 aber bereits einige Änderungen im Antragsverfahren zum kommenden Jahreswechsel beschlossen. Insbesondere soll es ab 2020 eine einheitlichere Bestätigung für die elektronische Übermittlung des Antrags auf eine A1-Bestätigung geben. Das ist vor allem für die Länder hilfreich, die auch den Antrag als Nachweis akzeptieren (Österreich und Frankreich).

Weitere Änderungen umfassen eine verpflichtende Angabe der Wohnanschrift des Arbeitnehmers und eine deutlich höhere Zahl der möglichen Beschäftigungsstellen im Ausland (elf statt vier). Außerdem sind künftig verpflichtend Beginn und Ende der Entsendung anzugeben. Schließlich sind künftig keine Anträge mehr für Länder außerhalb der EU/EWR und der Schweiz möglich. ³

Leistungsbeschreibung bei Niedrigpreiswaren

Der Bundesfinanzhof äußert sich zu den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung von Waren im Niedrigpreissegment.

Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass das Unternehmen eine Rechnung erhalten hat, die alle gesetzlichen Angaben enthält. Dazu gehört auch eine eindeutige Leistungsbeschreibung. Wie präzise eine Leistungsbeschreibung aber sein muss, damit die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, darüber gibt es immer wieder Streit mit dem Finanzamt.

Der Bundesfinanzhof hatte schon vor längerem entschieden, dass bei hochpreisigen Waren (mehrere tausend Euro) bloße Gattungsbezeichnungen wie „diverse Armbänder“ nicht ausreichen. Auf dieser Grundlage hatte das Finanzamt einem Händler von Billigtextilien den Vorsteuerabzug aus Lieferantenrechnungen verweigert, in denen die Artikel nur mit Angaben wie „Hosen“ oder „T-Shirt“ genannt waren, weil diese Gattungsbezeichnungen einer Mehrfachberechnung nicht hinreichend vorbeugen würden.

Das Hessische Finanzgericht hatte dem Händler noch eine Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids verweigert. Doch der Bundesfinanzhof hat nun klargestellt, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment eine exakte Beschreibung der jeweiligen Ware voraussetzt. Die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung im Niedrigpreissegment seien noch nicht höchstrichterlich geklärt, meint der Bundesfinanzhof.

Außerdem dürfen die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben nicht durch ihre schiere Zahl und Komplexität die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Bis ein abschließendes Urteil des Bundesfinanzhofs vorliegt, sollten ähnliche Fälle in jedem Fall offen gehalten werden. ³

Falls diese Informationen Ihr Interesse gefunden haben und Sie noch Fragen oder Interesse an einer Beratung haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie dann einen Termin oder wenden Sie sich per Fax an uns.

Mit freundlichen Grüßen