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Kanzlei-Nachrichten August 2018

01.08.2018

 

Jahressteuergesetz 2018 bekommt neuen Namen

Das Jahressteuergesetz 2018 sieht Änderungen bei der Umsatzsteuer, Steuervorteile für Elektro-Dienstwagen und eine Neuregelung des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften vor.

Am 1. August 2018 hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Steueränderungsgesetz verabschiedet, das bis dahin noch als „Jahressteuergesetz 2018“ konzipiert war. Die Intention bleibt, denn ein weiteres großes Steueränderungsgesetz ist vor dem Jahresende kaum zu erwarten, doch das Gesetz hat in der aktuellen Fassung einen neuen Namen bekommen und heißt jetzt „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“.

Gegenüber dem ersten Entwurf für das Gesetz ist im Regierungsentwurf vor allem die steuerliche Begünstigung von Elektro-Fir­men­wagen ergänzt worden. Daneben enthält das Gesetz Änderungen bei der Umsatzsteuer für Online-Händler und eine verfassungskonforme Regelung des Verlustabzugs nach dem Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Die Änderungen im Umsatzsteuerrecht sind die ersten Maßnahmen aus dem Paket zur Reform des EU-Mehrwertsteuersystems, auf das sich die Wirtschafts- und Finanzminister der EU Ende 2017 verständigt hatten. Alle wichtigen Änderungen sind hier zusammengefasst.

·     Elektro-Firmenwagen: Im Koalitionsvertrag hatte sich die Große Koalition auf eine Steuerbegünstigung von Firmenwagen mit Elektroantrieb festgelegt. Diese Änderung fehlte im ersten Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018 und wurde nun ergänzt. Geplant ist eine Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der pauschalen Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Nutzung eines Firmenwagens. Statt 1 % des Listenpreises sind für Elek­tro- und Hybridfahrzeuge, die zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Dezember 2021 angeschafft oder geleast werden, also monatlich nur 0,5 % des Listenpreises für die Privatnutzung zu versteuern. Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit fallen entsprechend nur 0,015 % pro Monat und Entfernungskilometer an statt 0,03 %. Die Begünstigung ist nicht nur finanziell attraktiv, sondern kann für Elektro-Firmenwagen auch das Führen von Fahrtenbüchern obsolet machen, weil die pauschale Versteuerung günstiger ist. Mit Fahrtenbuch werden Autos mit Elektroantrieb zwar auch begünstigt, aber nur soweit es die Abschreibung auf den Kaufpreis oder die Leasingkosten angeht, nicht bei anderen Ausgaben fürs Fahrzeug. Der ökologisch ausgerichtete Verkehrsclub Deutschland wünscht sich zudem, dass die Halbierung des geldwerten Vorteils auch für Dienstfahrräder gilt, was bisher jedoch nicht geplant ist. Für Firmenwagen, die außerhalb dem begünstigten Zeitraum angeschafft oder geleast werden, gibt es weiterhin den bereits bestehenden Nachteilsausgleich für den Anteil, den das Batteriesystem am Kaufpreis hat.

·     Gutscheine: Bis Ende 2018 muss die EU-Gutschein-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Das soll eine einheitliche umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen im europäischen Binnenmarkt gewährleisten. Bei Gutscheinen wurde bisher zwischen Wertgutscheinen und Waren- oder Sachgutscheinen unterschieden. Während Wertgutscheine gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden können, beziehen sich Waren- und Sachgutscheine auf eine konkrete Ware oder Dienstleistung. Die Ausgabe eines Wertgutscheins wurde bislang lediglich als Tausch von Zahlungsmitteln behandelt und war damit selbst keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinn. Die Umsatzsteuer entstand erst bei der Einlösung des Gutscheins. Bei Waren- oder Sachgutscheinen gilt die im Gutschein bezeichnete Leistung dagegen bereits bei Ausgabe des Gutscheins als erbracht. Daher ist der bei Kauf eines Warengutscheins gezahlte Betrag eine umsatzsteuerpflichtige Anzahlung. Ab 2019 wird stattdessen zwischen Einzweck-Gutscheinen und Mehrzweck-Gutscheinen unterschieden. Bei einem Einzweck-Gutschein liegen bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vor, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Solche Gutscheine werden dementsprechend schon bei der Ausgabe besteuert. Alle anderen Gutscheine sind Mehrzweck-Gutscheine, bei denen erst die Einlösung der Umsatzsteuer unterliegt. Die Regelung gilt ausdrücklich nicht für Coupons, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass berechtigen.

·     Elektronische Marktplätze: Künftig sollen Betreiber elektronischer Marktplätze dazu verpflichtet werden, bestimmte Daten der Verkäufer zu erfassen, um eine Prüfung der Umsätze durch das Finanzamt zu ermöglichen. Vor allem Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten verletzen auf Online-Marktplätzen häufig ihre steuerlichen Pflichten und führen für ihre Umsätze keine Umsatzsteuer ab. Zu den Daten, die die Betreiber aufzeichnen müssen, gehören Name, vollständige Anschrift und Steuernummer des Verkäufers, Versand- und Lieferadresse sowie Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes. Die Aufzeichnungspflicht gilt ab dem 1. März 2019 für Anbieter aus Nicht-EU-Staaten und ab dem 1. Oktober 2019 auch für alle anderen Anbieter. Darüber hinaus können Betreiber für nicht entrichtete Umsatzsteuer aus dem Handel über ihre Plattform in Haftung genommen werden. Von der Haftung kann sich der Betreiber befreien, wenn er die Aufzeichnungspflichten erfüllt, eine Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des Händlers vorlegt oder steuerunehrliche Händler von der Handelsplattform ausschließt.

·     Elektronische Dienstleistungen: Auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer muss der Anbieter seit 2015 dort versteuern, wo der Leistungsempfänger ansässig ist. Für Existenzgründer und Kleinbetriebe bedeutet das einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Das ändert sich jetzt, denn ab 2019 gilt diese Pflicht nicht mehr, wenn der Nettoumsatz mit solchen Leistungen an ausländische Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr 10.000 Euro nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Kleinunternehmen mit ausschließlichem Sitz in Deutschland können daher künftig wieder alle Leistungen im Inland versteuern, unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger ebenfalls im Inland ansässig ist oder nicht. Ein Verzicht auf diese Umsatzschwelle ist möglich, allerdings bindet die Verzichtserklärung das Unternehmen für mindestens zwei Kalenderjahre.

·     Investmentsteuerreform: Das Gesetz enthält mehrere Folgeänderungen zur Investmentsteuerreform, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Insbesondere sollen dadurch systemwidrige Ergebnisse bei einer Organschaft vermieden werden. Die Reform sieht nämlich bei der Besteuerung der Erträge aus Fondsanteilen im Betriebsvermögen eine rechtsformabhängige Freistellung vor. Weil bei einer ertragsteuerlichen Organschaft neben Kapitalgesellschaften auch natürliche Personen Organträger sein können, sollen ab 2019 die Fondserträge nicht bei der Organgesellschaft, sondern erst auf Ebene des Organträgers berücksichtigt werden.

·     Betriebsrenten: Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde ab 2018 die steuerfreie Übertragung von Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung auf einen anderen Anbieter ermöglicht. Diese Änderung wird nun rückwirkend ab 2018 um eine Regelung ergänzt, die festschreibt, dass eine solche Übertragung keine schädliche Verwendung darstellt. Ohne diese Ergänzung müsste sonst bei einer Übertragung die bis dahin gewährte Förderung zurückgezahlt werden.

·     Verlustabzug: Zur Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform wurde 2008 der Verlustabzug nach dem Verkauf von Anteilen an einer Körperschaft eingeschränkt: Werden innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % der Anteile einer Kapitalgesellschaft übertragen, können die bis dahin aufgelaufenen Verluste anteilig nicht mehr steuerlich genutzt werden. Bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile gehen die Verluste sogar komplett verloren. Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht teilweise als verfassungswidrig eingestuft und dem Gesetzgeber aufgetragen, bis Ende 2018 rückwirkend ab 2008 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen. Das wird nun umgesetzt, indem die Regelung zum anteiligen Wegfall des Verlustabzugs in allen offenen Fällen, in denen zwischen 25 % und 50 % der Anteile übertragen wurden, für Anteilsübertragungen vor 2016 ersatzlos aufgehoben wird. Die seit 2016 geltende Gesetzesänderung zum fortführungsgebundenen Verlustabzug beseitigt die wesentlichen Kritikpunkte des Verfassungsgerichts, sodass die Regelung ab dann voraussichtlich rechtlich nicht mehr angreifbar ist. Das Bundesverfassungsgericht muss für Fälle vor 2016 allerdings noch zum zweiten Teil der Regelung entscheiden, die einen kompletten Verlustuntergang bei Übertragungen von mehr als 50 % vorsieht. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das Verfassungsgericht auch hier Nachbesserungen vom Gesetzgeber verlangen wird.

·     Sanierungsklausel: Die Sanierungsklausel wurde als Nachtrag zum jetzt teilweise gestrichenen Wegfall des Verlustabzugs nach einer Anteilsübertragung geschaffen und sollte in Sanierungsfällen die negativen steuerlichen Folgen einer Anteilsübertragung ausschließen. Doch die EU-Kommission sah die Sanierungsklausel als unzulässige Beihilfe an, weshalb die Sanierungsklausel vom Gesetzgeber suspendiert wurde. Zusätzlich musste der Fiskus bereits gewährte Steuervorteile wieder zurückfordern. Nach jahrelangem Streit hat der Europäische Gerichtshof den Beschluss der EU-Kommission nun für nichtig erklärt, weil die Sanierungsklausel keinen selektiven Charakter entfalte und damit keine unzulässige Beihilfe sei. Aufgrund dieses Beschlusses wird die Suspendierung der Sanierungsklausel nun in noch offenen Fällen rückwirkend ab 2008 wieder aufgehoben.

·     Vorsorgeaufwendungen: Vorsorgeaufwendungen dürfen bisher nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Diese Regelung hat der Europäische Gerichtshof jedoch teilweise als unionsrechtswidrig eingestuft. Daher sollen Vorsorgeaufwendungen nun auch dann steuerlich abziehbar sein, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem EU- oder EWR-Staat bezogenem Gehalt stehen, dieses Gehalt aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland steuerfrei ist und der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt. Das Bundesfinanzministerium hatte bereits im vergangenen Dezember eine vergleichbare Regelung in allen noch offenen Fällen angeordnet, die mit dieser Änderung nun im Gesetz verankert wird.

·     Kinderzulage: Bei der Beantragung der Kinderzulage zur Riester-Rente ist ab 2020 neben den Steueridentnummern der Eltern auch zwingend die Steueridentnummer des Kindes anzugeben. Das soll den Datenabgleich zwischen der Zentralen Zulagestelle und den Familienkassen vereinfachen. ³

Einzelaufzeichnungspflicht für Kassenvorgänge

Das Bundesfinanzministerium hat seine Verwaltungsanweisung zu den Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen überarbeitet.

Durch das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ wurde Ende 2016 die Pflicht zur Ausstattung elektronischer Kassen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung spätestens ab 2020 eingeführt. Gleichzeitig wurden mit dem Gesetz weitere Vorschriften zur Kassenführung in der Abgabenordnung geändert. Das Bundesfinanzministerium hat aufgrund des Gesetzes nun seine Vorgaben zur Einzelaufzeichnungspflicht für Kassenvorgänge überarbeitet und den Anwendungserlass zur Abgabenordnung entsprechend aktualisiert. Was bei der Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen zu beachten ist, damit es bei Betriebsprüfungen keine bösen Überraschungen gibt, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

·     Datenschutz: Der Unternehmer muss seine aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen so organisieren, dass bei der Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Unterlagen und Daten keine gesetzlich geschützten Bereiche tangiert werden können, zum Beispiel bei Rechtsanwälten, Ärzten usw.

·     Kassenbuch: Buchführungspflichtige Unternehmer müssen für Bargeldbewegungen ein Kassenbuch führen, ggf. in Form aneinandergereihter Kassenberichte.

·     Einzelaufzeichnung: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang, der einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Das bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Dies gilt auch für Bareinnahmen und für Barausgaben.

·     Mindestangaben: Die Grundaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie jederzeit eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Zeitnah aufzuzeichnen sind der eindeutig bezeichnete Artikel, der endgültige Einzelverkaufspreis, der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag, vereinbarte Preisminderungen, die Zahlungsart, das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes sowie die verkaufte Menge.

·     Verbuchung: Im Gegensatz zur Aufzeichnung besteht keine Verpflichtung zur separaten Verbuchung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls. Gleichartige Waren mit demselben Einzelverkaufspreis können in einer Warengruppe zusammengefasst werden, sofern die Menge ersichtlich bleibt. Gleiches gilt für Dienstleistungen.

·     Gewinnermittlung: Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart, also auch bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR). Eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung per EÜR setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und -ausgaben durch geordnete und vollständige Belege nachgewiesen werden. Ist die Einzelaufzeichnungspflicht nicht zumutbar, muss die Einnahmeermittlung nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein.

·     Kassenverfahren: Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gilt unabhängig davon, ob der Betrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem oder eine offene Ladenkasse verwendet. Eine offene Ladenkasse ist die summarische, retrograde Ermittlung der Tageseinnahmen samt manueller Einzelaufzeichnungen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel.

·     Kundendaten: Es wird vom Finanzamt nicht beanstandet, wenn zwar die Mindestangaben zur Nachvollziehbarkeit eines Geschäftsvorfalls einzeln aufgezeichnet werden, nicht jedoch die Kundendaten, sofern diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit benötigt werden. Das gilt auch dann, wenn das Kassensystem eine Kundenerfassung und -verwaltung zulässt, die Kundendaten aber tatsächlich nicht oder nur teilweise erfasst werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten aber tatsächlich geführt werden, sind sie aufbewahrungspflichtig, sofern dem nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

·     Ausfall: Wird zur Erfassung von aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfällen ein elektronisches System verwendet, ist bei einem vorübergehenden Ausfall (Stromausfall, technischer Defekt etc.) auch eine Aufzeichnung auf Papier zulässig. Die Aufzeichnungspflichten bei Verwendung einer offenen Ladenkasse gelten insoweit entsprechend. Die Ausfallzeit des Aufzeichnungssystems ist zu dokumentieren und soweit vorhanden durch Nachweise zu belegen (z. B. Reparaturrechnung).

·     Unzumutbarkeit: Die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls ist nur dann nicht zumutbar, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss der Unternehmer nachweisen.

·     Dienstleistungen: Die Zumutbarkeitsüberlegungen sind grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar. Daher ist die Ausnahmeregelung auch auf Dienstleistungen anwendbar, die an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung erbracht werden und kein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird. Allerdings muss der Geschäftsbetrieb auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet und der Kundenkontakt des Anbieters im Wesentlichen auf die Bestellung und den Bezahlvorgang beschränkt sein. Einzelaufzeichnungen sind dagegen zu führen, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung individuell Einfluss nehmen kann.

·     Manuelles Kassieren: Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl fremder Personen gilt die Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen nicht, wenn statt einer elektronischen Kasse eine offene Ladenkasse verwendet wird.

·     Elektronische Kasse: Werden elektronische Kassensysteme verwendet, sind diese zur Aufzeichnung sämtlicher Erlöse zu verwenden, es sei denn für einen räumlich oder organisatorisch eindeutig abgrenzbaren Bereich ist aus technischen Gründen oder aus Zumutbarkeitserwägungen eine Erfassung über das vorhandene elektronische Aufzeichnungssystem nicht möglich. In diesem Fall kann für diesen Bereich zur Erfassung der Geschäftsvorfälle eine offene Ladenkasse verwendet werden.

·     Mehrere Kassen: Gibt es im Betrieb mehrere Kassen, sind die Anforderungen an die Aufzeichnung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen für jede Sonder- und Nebenkasse zu beachten.

·     Waagen: Liegen Einzeldaten einer Waage (Artikel, Gewicht und Preis) einem aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Geschäftsvorfall zugrunde, sind diese einzeln aufzuzeichnen und aufzubewahren. Werden die Einzeldaten zusätzlich in einem elektronischen Kassensystem aufgezeichnet, müssen die Einzeldaten der Waage nicht separat aufbewahrt werden. Verwendet der Händler eine offene Ladenkasse und eine Waage, die lediglich das Gewicht oder den Preis anzeigt und über keine Speicherfunktion verfügt, brauchen die Einzeldaten der Waage nicht aufgezeichnet zu werden. Erfüllt die Waage hingegen die Voraussetzung einer elektronischen Registrierkasse, ist die Verwendung einer offenen Ladenkasse unzulässig.

·     Anonymer Verkauf: Vom Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen ist auszugehen, wenn üblicherweise täglich Barverkäufe an namentlich nicht bekannte Kunden erfolgen. Das setzt voraus, dass die Identität der Käufer für die Geschäftsvorfälle nicht von Bedeutung ist. Es spielt dabei keine Rolle, wenn der Verkäufer aufgrund außerbetrieblicher Gründe tatsächlich viele seiner Kunden namentlich kennt.

·     Offene Ladenkasse: Es besteht keine gesetzliche Pflicht zur Verwendung einer elektronischen Kasse – eine offene Ladenkasse mit manueller Aufzeichnung ist steuerlich ebenso zulässig. Einzelaufzeichnungen sind hier durch die detaillierte Erfassung aller baren Geschäftsvorfälle in einem Kassenbuch möglich.

·     Kassenbericht: Wird ein Kassenbericht zur Ermittlung der Tageseinnahmen verwendet, kann die Einzelaufzeichnung auch durch die geordnete (z. B. nummerierte) Sammlung aller Barbelege gewährleistet werden. Besteht aus Zumutbarkeitsgründen keine Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung, müssen die Bareinnahmen zumindest anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden. Dazu sind vom Kassenbestand am Ende des jeweiligen Geschäftstages der Kassenendbestand am Vortag sowie die durch Eigenbeleg dokumentierten Bareinlagen abzuziehen und Ausgaben sowie die ebenfalls dokumentierten Barentnahmen hinzuzurechnen. Ein „Zählprotokoll” (Auflistung der Stückzahl vorhandener Geldscheine und -münzen) ist nicht erforderlich, erleichtert jedoch den Nachweis des tatsächlichen Auszählens.

·     Zeitnahe Dokumentation: Kasseneinnahmen und -ausgaben sind täglich festzuhalten. Eine Aufzeichnung erst am nächsten Geschäftstag ist ausnahmsweise noch ordnungsgemäß, wenn zwingende geschäftliche Gründe eine frühere Aufzeichnung verhindert haben und aus den Aufzeichnungen sicher entnommen werden kann, wie sich der Kassenbestand entwickelt hat. Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein sachverständiger Dritter jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen.

·     Vertrauenskassen: Bei Kassen ohne Verkaufspersonal (Automaten, Gemüseverkauf am Feldrand etc.) wird es nicht beanstandet, wenn diese nicht täglich, sondern erst bei Leerung ausgezählt werden.

·     Maschinelle Aufzeichnung: Bei einer Buchführung auf maschinell lesbaren Datenträgern (DV-gestützte Buchführung) müssen die Daten innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist unverzüglich lesbar gemacht werden können, wenn die Finanzbehörde es verlangt. Dies gilt sinngemäß auch für andere erforderliche oder aufbewahrungspflichtige Aufzeichnungen. ³

Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit

Die Nutzung eines Firmenwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit kann statt mit der monatlichen Pauschale auch einzeln bewertet werden.

Wenn für einen Firmenwagen kein Fahrtenbuch geführt wird, muss der Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte pro Monat einen geldwerten Vorteil von 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte versteuern. Grundlage ist dabei die kürzeste benutzbare Straßenverbindung, die auf den nächsten vollen Kilometer abzurunden ist. Die 0,03 %-Regelung ist unabhängig von der 1 %-Regelung, wenn der Firmenwagen ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit zur Verfügung steht.

Fährt der Arbeitnehmer abwechselnd von der ersten Tätigkeitsstätte zu verschiedenen Wohnungen, ist bei der 0,03 %-Regelung die Entfernung zur näher gelegenen Wohnung anzusetzen. Für jede Fahrt von und zur weiter entfernten Wohnung kommt ein geldwerter Vorteil von 0,002 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer über der Distanz zwischen Arbeit und näher gelegener Wohnung hinzu.

An der Höhe des geldwerten Vorteils ändert sich übrigens nichts, wenn der Arbeitnehmer an einem Arbeitstag mehrmals den Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit dem Dienstwagen zurücklegt. Umgekehrt ist der Zuschlag auch bei zeitweiser Abwesenheit in jedem Kalendermonat mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeit anzusetzen. Ein durch Urlaub oder Krankheit bedingter Nutzungsausfall ist in der Höhe der Pauschale berücksichtigt.

Der Bundesfinanzhof und die Finanzverwaltung lassen jedoch eine Alternative zur Pauschalierungsregelung zu. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine aufs Kalenderjahr bezogene Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten möglich. Dabei sind für jede Fahrt 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als geldwerter Vorteil zu versteuern. Die Einzelbewertung ist auf 180 Tage pro Kalenderjahr beschränkt, denn dann ist derselbe geldwerte Vorteil erreicht wie beim monatlichen Ansatz mit 0,03 % des Listenpreises. Wird die Einzelbewertung angewandt, führen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit daher ab dem 181. Tag im Kalenderjahr nicht mehr zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist bei der Einzelbewertung ausgeschlossen.

Für die Einzelbewertung muss der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber jeden Monat fahrzeugbezogen schriftlich erklären, an welchen Tagen er den Firmenwagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Die Angabe der Anzahl der Tage reicht nicht aus, notwendig sind die einzelnen Tage mit Datumsangabe. Es sind jedoch keine Angaben dazu notwendig, wie der Arbeitnehmer an den anderen Arbeitstagen zur Arbeit gelangt ist. Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer den Firmenwagen mehrmals für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit benutzt, sind bei der Einzelbewertung nur einmal zu erfassen.

Der Arbeitgeber muss die Erklärungen des Arbeitnehmers als Belege zum Lohnkonto aufbewahren und den Lohnsteuerabzug gemäß den Erklärungen des Arbeitnehmers durchführen, sofern der Arbeitnehmer nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Für den Arbeitgeber folgen daraus jedoch keine Ermittlungspflichten. Es ist aus Vereinfachungsgründen zulässig, für den Lohnsteuerabzug jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde zu legen.

Bei der Lohnsteuerpauschalierung ist im Falle der Einzelbewertung die tatsächliche Zahl der Fahrten aus den Angaben des Arbeitnehmers anzusetzen. Die Vereinfachungsregelung, dass nur an 15 Arbeitstagen von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit ausgegangen werden kann, ist bei der Pauschalierung im Fall der Einzelbewertung nicht anzuwenden.

Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber ab 2019 auf Verlangen des Arbeitnehmers zur Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verpflichtet, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt. Allerdings sind dann die Angaben des Arbeitnehmers zu den tatsächlichen Fahrten zusätzliche Voraussetzung. Für 2018 darf der Arbeitgeber auch gegen den Willen des Arbeitnehmers noch generell die 0,03 %-Regelung anwenden. In jedem Fall muss der Arbeitgeber die 0,03 %-Regelung oder die Einzelbewertung im Kalenderjahr für alle dem Arbeitnehmer überlassenen Firmenwagen einheitlich anwenden. Die Methode darf also während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden.

Im Rahmen seiner privaten Steuererklärung ist der Arbeitnehmer nicht an die beim Lohnsteuerabzug angewandte 0,03 %-Regelung gebunden und kann für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zur Einzelbewertung wechseln. Dazu muss der Arbeitnehmer dem Finanzamt fahrzeugbezogen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er den Firmenwagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Zudem muss er durch geeignete Belege glaubhaft machen, dass und in welcher Höhe der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 % des Listenpreises ermittelt und versteuert hat. Dafür kommen beispielsweise eine Gehaltsabrechnung, die die Besteuerung des Zuschlags erkennen lässt, oder eine Bescheinigung des Arbeitgebers in Frage. ³

 

Falls diese Informationen Ihr Interesse gefunden haben und Sie noch Fragen oder Interesse an einer Beratung haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie dann einen Termin oder wenden Sie sich per Fax an uns.

Mit freundlichen Grüßen