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Kanzlei-Nachrichten November 2018

01.11.2018

Der Brexit bringt viele politische Probleme und unabsehbare wirtschaftliche Folgen mit sich. Um zumindest die absehba-ren steuerlichen Folgen in Grenzen zu halten, hat das Bundesfinanzministerium nun ein Änderungsgesetz erarbeitet, das die Parlamente noch vor Ende März beschließen sollen. Ein anderes Steueränderungsgesetz ist dagegen schon verab-schiedet, das in den nächsten zwei Jahren zu gewissen steuerlichen Entlastungen vor.

Gesetz zu steuerlichen Folgen des Brexits

Derzeit ist ein Brexit-Steuerbegleitgesetz in Arbeit, das Unternehmer, Gesellschafter und Riester-Sparer vor ungewollten steuerlichen Folgen des Brexits schützen soll.

Am 29. März 2017 unterrichtete das Vereinigte Königreich den Europäischen Rat von seiner Absicht, aus der Europäischen Union auszutreten. Nach den Vorgaben des EU-Vertrags endet die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU zwei Jahre später, also am 29. März 2019. Seither ringen die Briten und die EU um eine für beide Seiten akzeptable Vereinbarung über die gegenseitige Beziehung in der Zeit nach dem Brexit.

Ob es zu einer solchen Vereinbarung kommt, steht jedoch nach wie vor in den Sternen. Während die EU mit der mühsam ausgehandelten Vereinbarung leben kann, findet sich im britischen Parlament offenbar für keine der denkbaren Brexit-Varianten eine stabile Mehrheit. Die für den 11. Dezember 2018 geplante Abstimmung über die Vereinbarung hat die britische Premierministerin daher kurzfristig bis auf Weiteres vertagt.

Wird die Vereinbarung vom britischen Parlament noch angenommen, wären die Briten für eine Übergangsphase trotz ihres Ausscheidens aus der EU weiter wie ein EU-Mitglied gestellt, sodass sich am 29. März 2019 für Bürger und Unternehmen vorerst wenig ändern würde. In dieser Übergangsphase könnten beide Seiten weitere Details für die fernere Zukunft aushandeln. Andere Szenarien sind derzeit jedoch mindestens ebenso wahrscheinlich.

Das reicht von einem harten Brexit ohne jede gegenseitige Vereinbarung mit der EU über eine Verlängerung der zweijährigen Verhandlungsfrist durch einstimmigen Beschluss des Europäischen Rats bis zu einem Rücktritt vom Austritt. Die Tür zu diesem letzten Szenario hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) einen Tag vor der geplanten Abstimmung im britischen Parlament weit geöffnet. Auf eine Anfrage des obersten schottischen Zivilgerichts hin hat der EuGH nämlich festgestellt, dass die Briten ihren Austrittsantrag auch einseitig wieder zurückziehen können, ohne dass dem die anderen EU-Staaten zustimmen müssten.

Unabhängig davon, zu welchem Ergebnis die politischen Entwicklungen im Vereinigten Königreich noch führen werden, stehen die Weichen zumindest aktuell deutlich auf Brexit. Damit wäre das Vereinigte Königreich im ungünstigsten Fall ab dem 29. März 2018 auch für steuerliche Zwecke nicht mehr als EU-Mitglied, sondern als Drittstaat zu behandeln. Sollten die laufenden Verhandlungen über ein Austrittsabkommen erfolgreich sein, wäre das stattdessen nach dem Ablauf der vereinbarten Übergangsfrist der Fall.

Weil verschiedene steuerliche und finanzmarktrechtliche Regelungen für Sachverhalte in EU-/EWR-Staaten günstigere Rechtsfolgen vorsehen als für Drittstaaten-Sachverhalte, hat der Übergang Großbritanniens vom EU-Staat zum Drittstaat auch negative steuerliche Folgen für Unternehmer und Privatleute mit wirtschaftlichen Interessen im Vereinigten Königreich. Für künftige Vorhaben können die Betroffenen entsprechend disponieren und sich darauf einstellen, dass die vorteilhafteren Regelungen im Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr finden. Doch nach der aktuellen Rechtslage sind auch einige Sachverhalte betroffen, in denen der Steuerzahler bereits in der Vergangenheit alle relevanten Handlungen vollzogen hat und damit allein der Brexit die nachteiligen Rechtsfolgen auslösen würde.

Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen ebenso wie aus Gründen des Vertrauensschutzes sollen negative Folgen in solchen Altfällen jedoch vermieden werden. Das Bundesfinanzministerium hat deshalb den Entwurf für ein „Gesetz über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union“ oder kurz „Brexit-Steuerbegleitgesetz“ erarbeitet.

Ziel des Gesetzes ist es, in Fällen, in denen der Brexit eine unangemessene und unter Umständen auch nicht mit Unionsrecht zu vereinbarende Rechtsfolge auslösen würde, den „Status Quo“ zu wahren, den betroffenen Steuerzahlern Bestandsschutz zu gewähren sowie Rechtssicherheit zu schaffen. Das kann je nach Regelung unterschiedliche Zeiträume betreffen.

Neben den hier zusammengefassten Änderungen enthält das Gesetz noch erforderliche bestandsschutzrechtliche Anpassungen im Bausparkassen- und Pfandbriefgesetz sowie eine redaktionelle Anpassung im Umsatzsteuergesetz. Alle Regelungen treten am 29. März 2019 in Kraft und sind so gefasst, dass sie unabhängig sind vom Ausgang der Verhandlungen zwischen EU und Vereinigtem Königreich. Die Änderungen greifen also bei einem harten Brexit ebenso wie bei einer mehrjährigen Übergangszeit.

·     Ausgleichsposten: Die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer Betriebsstätte im EU-Ausland führt zu einer steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven. Um die steuerliche Belastung abzumildern, kann das Unternehmen einen Ausgleichsposten in Höhe der zu versteuernden stillen Reserven bilden, der über fünf Jahre hinweg gleichmäßig aufzulösen ist. Der Ausgleichsposten ist jedoch sofort aufzulösen, wenn das Wirtschaftsgut die Besteuerungshoheit der EU-Staaten verlässt. Eine Ergänzung im Gesetz regelt nun, dass allein der Brexit nicht die Auflösung des Ausgleichspostens erzwingt. Auch für nach Großbritannien verbrachte Wirtschaftsgüter kann der Posten weiter gleichmäßig bis zum Ende der 5-Jahres-Frist aufgelöst werden, sofern nicht ein anderer Grund die vorzeitige Auflösung erzwingt, beispielsweise das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Unternehmen.

·     Einbringungsgewinn: Das Umwandlungssteuergesetz sieht eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns vor, wenn im Anschluss an eine Sacheinlage oder einen Anteilstausch unter dem Verkehrswert der Einbringende oder die übernehmende Gesellschaft nicht mehr in einem EU/EWR-Staat ansässig ist. Der Brexit würde also ohne weiteres Zutun dieselben Rechtsfolgen auslösen wie eine aktive Überführung von Betriebsvermögen oder ein Wegzug in einen Drittstaat. Es wird deshalb eine entsprechende gesetzliche Regelung geschaffen, nach der für einen Einbringenden oder eine übernehmende Gesellschaft, die bereits vor dem Brexit in Großbritannien ansässig waren, das Vereinigte Königreich weiterhin wie ein EU-Staat behandelt wird, sofern kein weiteres die Einbringungsgewinnbesteuerung auslösendes Ereignis hinzutritt. Außerdem wird klargestellt, dass diese Ausnahmeregelung nur für die Fälle gilt, in denen die Sacheinlage oder der Anteilstausch bereits vor dem Brexit rechtswirksam vollzogen wurde. Damit wird sichergestellt, dass allein der Brexit nicht zu einer rückwirkenden Versteuerung eines Einbringungsgewinns führt.

·     Wegzugsbesteuerung: Die zinslose Stundung bei der Wegzugsbesteuerung stiller Reserven ist an einen Wohnsitzwechsel des Gesellschafters in einen anderen EU- oder EWR-Staat geknüpft. Allein der Brexit führt jedoch nach dem Gesetzeswortlaut noch nicht zu einem Widerruf der Stundung. Ein für die Stundung schädliches Ereignis kann erst durch eine weitere Handlung des Gesellschafters nach dem Brexit ausgelöst werden, beispielsweise durch die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen an eine im Vereinigten Königreich ansässige Person.

·     Liquidationsbesteuerung: Auch bei der Liquidationsbesteuerung einer Kapitalgesellschaft, die auch im Fall der Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung in einen Nicht-EU-Staat eingreift, hat der Brexit allein laut der Gesetzesbegründung keine negativen Folgen, sodass auch hier keine Änderungen am Gesetz notwendig sind. Erst die Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung in einen anderen Drittstaat nach dem Brexit würde eine Liquidationsbesteuerung auslösen.

·     Riester-Rente: Die staatliche Förderung im Rahmen eines Riester-Vertrags ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Werden diese nicht eingehalten, fällt der Anspruch auf weitere Förderung weg und der Arbeitnehmer muss die bereits gewährte Förderung zurückzahlen. Drei territoriale Voraussetzungen für bestimmte Fälle werden nun so geändert, dass für Altfälle keine Nachteile entstehen (siehe nächste Punkte).

·     Wohn-Riester: Beim Wohn-Riester sind nur Immobilien in einem EU-Staat begünstigt. Für eine Immobilie im Vereinigten Königreich gilt die Begünstigung weiter, wenn bereits vor dem Brexit und dem Ende eines eventuellen Übergangszeitraums eine wohnungswirtschaftliche Verwendung der Immobilie bestand.

·     Kapitalübertragung: Nach dem Tod des Zulageempfängers kann das mit Riester-Zulagen geförderte Altersvorsorgevermögen auf einen Riester-Vertrag des Ehegatten übertragen werden, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes nicht dauernd getrennt gelebt und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Staat haben. Ohne zeitliche Beschränkung gilt das nach dem Brexit auch für einen Wohnsitz im Vereinigten Königreich.

·     Wohnsitz: Die Folgen einer schädlichen Verwendung von Riester-Zulagen treten auch dann ein, wenn der Zulageempfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem EU-Staat hat und keine Zulageberechtigung (mehr) besteht oder der Vertrag in der Auszahlungsphase ist. Hier gibt es nur eine Vertrauensschutzregelung für Altfälle: Die negativen Folgen sollen nicht eintreten, wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt im Vereinigten Königreich vor dem Tag des Brexit-Referendums am 23. Juni 2016 begründet und der Riester-Vertrag ebenfalls vor diesem Tag abgeschlossen wurde. ³

Ab 2019 mehr Geld für Privatleute und Familien

Mit mehr Kindergeld und einer Anpassung steuerlicher Eckwerte bringt das jetzt verabschiedete Familienentlastungsgesetz vor allem für Familien eine finanzielle Verbesserung.

Das Familienentlastungsgesetz enthält neben der turnusmäßigen Anpassung des steuerfreien Existenzminimums an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten auch den ersten Teil der von der Großen Koalition vereinbarten Erhöhung des Kindergelds um 25 Euro pro Monat und Kind in dieser Legislaturperiode. Der Bundesrat hat am 23. November 2018 dem rund 10 Milliarden Euro starken Paket zur Entlastung der Familien zugestimmt. Die darin enthaltenen Maßnahmen werden überwiegend im kommenden Jahr in Kraft treten.

·     Kindergeld: Das Kindergeld wird ab dem 1. Juli 2019 um 10 Euro pro Kind und Monat erhöht. Es beträgt dann 204 Euro monatlich für das erste und zweite Kind, 210 Euro für das dritte Kind und 235 Euro für jedes weitere Kind.

·     Kinderfreibetrag: Der Kinderfreibetrag wird 2019 für jeden Elternteil um jeweils 96 Euro auf 2.490 Euro (insgesamt also um 192 Euro auf 4.980 Euro) erhöht. Die steuerliche Entlastungswirkung der Erhöhung entspricht dem Jahresbetrag der Kindergelderhöhung (60 Euro). Für 2020 wird der Kinderfreibetrag erneut pro Elternteil um 96 Euro auf dann 2.586 Euro erhöht, insgesamt also auf dann 5.172 Euro.

·     Grundfreibetrag: Aufgrund des letzten Existenzminimumberichts wird der Grundfreibetrag (steuerfreies Existenzminimum) angepasst. Für 2019 steigt der Grundfreibetrag um 168 Euro auf 9.168 Euro, und 2020 beträgt der Anstieg weitere 240 Euro auf dann 9.408 Euro. Die gleiche Anhebung gilt auch beim Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen.

·     Kalte Progression: Damit Lohnsteigerungen auch im Geldbeutel der Beschäftigten ankommen, wird für die Jahre 2019 und 2020 der Effekt der „kalten Progression“ ausgeglichen. Dazu werden die Eckwerte des Einkommensteuertarifs um die Inflationsrate des Vorjahres verschoben – das entspricht einer Anhebung der Eckwerte um 1,84 % für 2019 und 1,95 % für 2020.

In Relation zu den zu zahlenden Steuern profitieren untere und mittlere Einkommen stärker von den Änderungen. Beispielsweise zahlt eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von 60.000 Euro im Jahr 2019 rund 9 % (251 Euro) und 2020 über 20 % (530 Euro) weniger Steuern. Bei einem Familieneinkommen von 120.000 Euro erhöht sich die Steuerersparnis auf 380 Euro (< 2 %) in 2019 und 787 Euro (4 %) in 2020. ³

Vollständige Anschrift in einer Rechnung

Den umsatzsteuerlichen Vorgaben für Rechnungsangaben genügt jede Anschrift, unter der das Unternehmen erreichbar ist.

Der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung ist nur zulässig, wenn darin alle gesetzlich vorgeschriebenen Angaben enthalten sind. Dazu gehört auch die Anschrift des leistenden Unternehmers. Bisher haben der Bundesfinanzhof und die Finanzverwaltung diese Vorgabe sehr eng ausgelegt: Nur die Angabe der Anschrift, unter der die wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, genügte den Vorgaben. Eine Briefkastenanschrift konnte dagegen den Vorsteuerabzug kosten – selbst Postfachadressen waren problematisch.

Nun hat der Bundesfinanzhof aber seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht voraussetzt, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der ausgestellten Rechnung angegeben ist. Das gilt zumindest dann, wenn der leistende Unternehmer unter der angegebenen Rechnungsanschrift erreichbar ist.

Das Bundesfinanzministerium hat schnell auf diese Entscheidung reagiert und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert. Bei der Ausstellung einer Rechnung gilt zur Angabe der Anschrift von Leistungserbringer und –empfänger nun:

Es reicht jede Art von Anschrift - und damit auch eine Briefkastenanschrift -, sofern der leistende Unternehmer bzw. der Leistungsempfänger unter dieser Anschrift erreichbar ist. Dabei ist es unerheblich, ob die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Verfügt der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger über ein Postfach, über eine Großkundenadresse oder über eine c/o-Adresse, genügt die jeweilige Angabe in der Rechnung den gesetzlichen Anforderungen an eine vollständige Anschrift. ³

Falls diese Informationen Ihr Interesse gefunden haben und Sie noch Fragen oder Interesse an einer Beratung haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie dann einen Termin oder wenden Sie sich per Fax an uns.

Mit freundlichen Grüßen